Kürzlich hatte ich einen Streit mit einer Kollegin. Sie erzählte mir beim gemeinsamen Mittagessen, dass eine Bekannte ihrer Schwester bei einem renommierten Sternekoch schwer brüskiert worden sei. Sie hätte anlässlich des Restaurantbesuches eine Rechnung mit einem Zettel bekommen, auf dem stünde, dass sie das Etablissement doch bitte nicht mehr aufsuchen möge. Sie hätten gegenseitig vom Teller des anderen probiert. Eine Unsitte, die man ungern sähe.
Ich klärte die Kollegin auf, dass das ein Märchen sei. Wie ich das meinte, fragte sie mich. Ich sagte, die Geschichte stimme nicht. Punkt. Es sei eine Variante einer so genannten „Urban Legend“, eines dieser modernen, nicht auszurottenden Märchen, wie die „Spinne aus der Yucca-Palme“ (www.chbeck.de/Brednich-Wilhelm-Spinne-Yucca-Palme/)
Natürlich war die Kollegin verärgert! Wie ich ihrer Schwester unterstellen könne, dass diese ein Märchen erzähle? Wir einigten uns auf eine Wette. Ich bot an, einen satten Betrag zu zahlen, wenn sie mir die Person, die diese Geschichte persönlich erlebt habe und den Zettel besäße, benennen würde (und mir den Zettel brächte).
Ich behauptete überdies, dass ihre Schwester wahrscheinlich eine Geschichte erzähle, die sie von einer Bekannten gehört hat, die sie wiederum von jemandem gehört hat … Und man einfach der besseren Tauglichkeit halber eine Person in der Kette wegfallen lässt.
Am nächsten Tag war klar: Die Person, die da im Restaurant gewesen sein sollte, die kannte dann doch irgendwie niemand persönlich.
Auch mit Belohnungen kaum aus der Welt zu schaffen
Urban Legends wie die Restaurant-Story sind nicht nur ein unausrottbares Ärgernis für Sterneköche, die sich seit Jahren gegen die Mär zur Wehr setzen und sie trotzdem nicht aus der Welt bekommen (http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.sternegastronomie-bitte-beehren-sie-uns-nie-wieder.5042c51f-0047-4a32-b5c7-67e024b9ccd7.html), sie sind längst etablierte, in der Vergangenheit aber kaum beachtete Paradebeispiele für das In-die-Welt-setzen von Fake-News. Also von Nachrichten, die bewusst falsch sind und ebenso bewusst lanciert wurden, um jemandem zu schaden oder Aufmerksamkeit zu generieren. Und erst jetzt überlegt sich zum Beispiel die Personal-News-Schleuder Facebook, endlich gegen das Problem vorzugehen: www.zeit.de
Zudem sind Fake-News ein bedauerlicher Beleg für die Tatsache, dass spätestens in den Zeiten von Social Media die falsche Nachricht schneller um die Welt zu laufen vermag, als die Aufklärung hinterherhinken kann. Mit zwei, drei Weiterleitungen sind die Ursprünge der Nachricht kaum noch zu verfolgen.
Es gibt weder den absolut immunisierenden Impfstoff dafür, noch die Pille für danach und schon gar kein Allheilmittel dagegen. Das Einzige, das über einen längeren Zeitraum halbwegs vorbeugend wie ein guter Schal und gesunde Ernährung wirken mag, ist das angewandte PR-Prinzip der Glaubwürdigkeit, Vertrauen und größtmögliche Transparenz.