Kürzlich las ich mit einem halben Jahr Verspätung ein Interview mit Gary Vaynerchuk in t3n (Magazin für Marketing, Social Media und E-Commerce) http://t3n.de/magazin/marketing-messias-gary-vaynerchuk-snapchat-241495/. Der Marketing-Guru, Business-Angel und Berater großer sozialer Netzwerke hat nicht nur Millionen Follower auf diversen Kanälen, er gehört zu denen, die heute schon wissen, was morgen up to date sein wird in puncto Digitalisierung der Kommunikation. Im Interview wurde Vaynerchuk gefragt, wenn er ein soziales Netzwerk erfinden könne, welches das wäre. Seine Antwort: „Wir brauchen ein besseres Twitter, genauso wie Facebook ein besseres Myspace kreiert hat. Das würde ich gerne bauen. Ein Twitter, das dich nur einmal alle 24 Stunden posten lässt … Wenn es ein soziales Netzwerk gäbe, das dich zwingt, nur einmal in 24 Stunden einen Beitrag zu posten, dann würde das dazu führen, dass du wirklich nur Interessantes und qualitativ Hochwertiges schreibst. Ich würde dir folgen, selbst wenn du nicht unter meinen besten 50 Freunden wärst, weil ich wissen will, was du gerade gerade machst. Wenn du 84 Mal am Tag postest, ist mir das irgendwann egal, weil es zu beliebig ist.“

Schon längst erfunden

Das war die Stelle, an der ich laut anfing zu lachen und gar nicht mehr aufhören konnte. Es war kein böses Lachen, es war ein fröhliches Lachen. Vaynerchuk hat das Prinzip beschrieben, nach dem Journalisten jahrhundertelang geschrieben und publiziert haben, das Prinzip, das für das Printmedium immer noch unverändert gilt und lediglich durch die Onlineauftritte und die Prämisse des „Online first“ variiert wird. Das „Netzwerk“ nennt sich Zeitung – wobei das Periodikum gemeint ist. Das Prinzip, des „einmal am Tag kommt eine Sammlung von Nachrichten“. In diesem Periodikum schreiben Menschen (einmal oder alle paar Tage) Interessantes und qualitativ Hochwertiges. Cool, oder?

Ein Netzwerk-Guru zeigt sich genervt vom 84. Post der Freunde und träumt davon, dass nur noch publiziert wird, was wichtig ist oder qualitativ hochwertig. Ob er weiß, dass er etwas beschrieben hat, was manche schon längst für tot erklärt haben? Wenn das der Anfang der Vernunftwerdung wäre, würde ich mir das gerne einrahmen. Ich habe sogar noch die gedruckte Version, denn ironischerweise erscheint t3n, das Medium der Digitalwirtschaft, unverändert auch gedruckt …

Hoffnungsschimmer

Die Büchse der Pandora bekommt man nicht mehr verschlossen. Aber man kann sich als vernunftbegabter Mensch entscheiden, in welche Richtung man dem Zug folgen möchte. Und offenbar – das zeigt diese Äußerung – gibt es angesichts der überbordenden Fülle an Nicht-Informationen auch als logische Folgerung seitens des überforderten Konsumenten wieder die Hinwendung zum Substanziellen. Für all diejenigen, die sich dem nie abgewandt haben, ist das ein Hoffnungsschimmer.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert