Haben Sie sich schon einmal darüber Gedanken gemacht, ob es im Jahr wirklich 365  Aufmacher gibt? Titelgeschichten und Titelstorys? Die Tagesschau braucht jeden Tag um 20 Uhr einen „Aufmacher“, BILD und BamS brauchen 365 Titelgeschichten und wenn wir uns die Newsportale anschauen, potenziert sich die Zahl, weil ich jeden Tag mehrere „Startmeldungen“ brauche, die ganz oben stehen.

Das Problem ist: es gibt aber nicht jeden Tag welche. Es stürzt nicht jeden Tag ein Flugzeug ab, es gibt nicht jeden Tag irgendwo in unserer (gefühlten) Nähe einen Anschlag und nicht einmal Donald Trump produziert jeden Tag einen neuen Aufreger. Aus dieser Logik heraus erfolgt die Notwendigkeit: Entweder wir reduzieren die Zahl der Tage pro Jahr (auch eine diskutable Alternative) oder es müssen zuweilen Aufmacher „gemacht“ werden.

Einfach mal eine leere Titelseite

Eine dritte, leider absurde Alternative, bestünde aus einer leeren Titelseite der BILD, auf der stünde: „Heute ist nichts Relevantes passiert, das verdient hätte, so aufgeblasen zu werden, dass es in großen Lettern auf Seite 1 stünde, es geht deshalb erst auf Seite 2 los“. Und um 20 Uhr gäbe es auf der ARD eine Einblendung, die besagen würde: „Heute keine Katastrophen und politischen Skandale, deshalb starten wir mit den weniger wichtigen Nachrichten erst um 20.05 Uhr und schalten solange auf Dog-TV.“

Eine mediale Regel besagt, es gibt pro Jahr nur rund 30 Prozent echte Aufmacher und ein weiteres Drittel „es-geht-so“-Themen. An den restlichen Tagen müssen somit weniger wichtige Themen zu einer Titelstory aufgeblasen werden (weil das Papier, das Internet, der Sendeplatz und die Nachfrage an diesen Plätzen da ist).

Auf die Wahrnehmungswelle warten

Wenn wir uns über dieses Prinzip im Klaren sind, haben wir in der PR zwei Möglichkeiten: Wir antizipieren, dass es Zeiten gibt, in denen wir mit unseren Themen niemanden hinter dem Ofen hervorlocken, weil die Fußball-WM, die Bundestagswahl oder der jüngste Terror-Akt die komplette Aufmerksamkeit der Redakteure (und in der Folge der Leser) auffrisst und wir auf das Abebben der Wahrnehmungswelle warten müssen. Und wir verstehen, dass es im Umkehrschluss das Bedürfnis von Rezipientengruppen gibt, zwischen den Aufregungswellen andere Nachrichten und Informationen zu bekommen.

Entweder wir können von den Wahrnehmungswellen partizipieren, weil wir Teil davon sind oder sein können, oder wir setzen erst dann Kontrapunkte, wenn wir gehört werden können. Und nicht, weil es irgendein Plan vorsieht, der einmal am Jahresanfang produziert wurde. Der muss flexibel sein, agieren und reagieren können. Und der muss darauf bauen, dass wir nur ein Thema werden können, weil jetzt überhaupt Platz dazu ist.

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