Kommunikation nötigt jedem von uns jeden Tag die vollste Aufmerksamkeit ab. Mein Lieblingsbeispiel ist ein simpler Test zur Optimierung der Streit- oder Diskussionskultur – vorausgesetzt, ich strebe ein konstruktives und zielorientiertes Gespräch an, das ohne gegenseitige Verletzung auskommt.

Sollte ich richtig scharf sein auf einen fetten Streit, auf gegenseitige Beschimpfungen und einen garantierten Schlagabtausch, der unter der Gürtellinie endet, dann kann ich die Tipps einfach umkehren und befinde mich auf dem besten Weg zum handfesten Krach. Es liegt also ganz an uns – und weniger am Gegenüber, der an vielen Stellen nur auf uns „re-agiert“.

Beharren, Schützen und Verteidigen

In der Theorie (und in der Praxis) habe ich gelernt, dass wir in die angekündigte Konfrontation oft mit einer entsprechenden Körperhaltung gehen: übereinandergeschlagene Beine, vor der Brust gekreuzte Arme. Das ist eine archaisch erlernte, ganz simple Schutzhaltung, mit der wir die verletzlichen Teile des Körpers vor einem vermeintlichen Angriff verbergen.

Dass die Verbalattacke nicht an die Weichteile herankommen wird, spielt hier eine untergeordnete Rolle. Das ist „Handeln im Reflex“ in Reinkultur. Ein Verhalten, das ich aufbrechen kann – vor allem, wenn ich damit eine Botschaft für das Gegenüber verbinde.

Was der oder die nämlich intuitiv in diesem Moment von den Lippen meiner nonverbalen Gestik abliest, ist, dass ich alles andere als aufnahmebereit bin. Ich verschließe mich. Das ist in Wirklichkeit mehr als Verteidigung, das ist zugleich eine echte Beharrungspose.

Das Gegenüber wird versuchen, sie aufzubrechen oder nimmt sie von Beginn an zum Anlass, gegen das nonverbale, gestische Bollwerk anzumarschieren. Dabei wendet er vielleicht großkalibrige Wortgeschosse an, die ihre Wirkung aber nicht an der Mauer der verschränkten Arme entfalten, sondern im Kopf des Gegenübers.

Lächeln statt verschränken

Ich kann das Prinzip aber auch umkehren: Ich verstecke mich nicht hinter einer Tischkante. Ich schlage nicht die Beine übereinander. Ich verschränke nicht die Arme. Ich lege sie neben oder vor mir ab. Ich zeige meine komplette und offene verletzliche Innenseite. Ich schaue den Gegenüber nicht verkniffen, sondern offen an und zeige durch typische Signale des „aktiven Zuhörens“ (zum Beispiel leichtes Nicken), dass ich genau zuhöre und verstehe.

Die de-eskalierende Wirkung auf das Gegenüber setzt hier schon ein, bevor dieser den Mund aufmacht – denn die gestische Botschaft wird schneller intuitiv wahrgenommen, als bewusst antizipiert werden kann, was da passiert.

Als ich das erste Mal vor sehr vielen Jahren diese Übung in einer „Aussprache“ anwendete, nahm das Gespräch einen völlig anderen Verlauf, als man hätte erwarten mögen. Ich war von der drastischen Wirkung dieser bewusst deeskalierend gestalteten und rein gestischen Botschaft tief beeindruckt. Ich muss mich ab und zu immer wieder daran erinnern. Und dann „entschränke“ ich mich mit einem Lächeln.

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